Foto: Selina Pfrüner
Lars von Lackum, Vorstandsvorsitzender der LEG Immobilien SE, erklärt, wie das Unternehmen wirtschaftliche Stabilität, soziale Verantwortung und ökologische Nachhaltigkeit vereint. Von der Umstellung auf ein cashbasiertes Steuerungssystem über innovative Green Ventures bis hin zu sozialen Initiativen wie der „Stiftung – Dein Zuhause hilft“ zeigt von Lackum, wie LEG auch unter steigenden Zinsen und komplexen politischen Rahmenbedingungen zukunftsorientiert agiert. Dabei betont er die Bedeutung marktwirtschaftlicher Prinzipien für bezahlbaren Wohnraum und nachhaltiges Wachstum.
Herr von Lackum, erinnern Sie sich an eine Entscheidung als CEO, die für Sie persönlich besonders prägend war? Was haben Sie daraus mitgenommen?
Eine der prägendsten Entscheidungen war zweifellos unser strategischer Kurswechsel im Jahr 2022, als wir uns plötzlich mit massiv steigenden Zinsen und einer sich zuspitzenden Marktlage konfrontiert sahen. Die Situation erinnerte mich stark an die Finanzkrise 2008 – und wie damals war klar: Wer bestehen will, muss konsequent und mutig handeln.
Gemeinsam im Vorstand haben wir uns entschieden, die zentrale Steuerungsgröße von FFO I auf AFFO umzustellen – also weg von einer buchhalterischen Kennzahl hin zu einem rein cashbasierten Steuerungsansatz. Die Rückschau zeigt: Diese Entscheidung war richtig, und sie war notwendig, um unsere Resilienz zu stärken. Was ich dabei unterschätzt habe, war der kommunikative Kraftakt, den es braucht, um diese Veränderung gegenüber Investoren, Mitarbeitenden und dem Markt zu vermitteln. Der FFO I ist tief in der Branche verankert – und es hat über ein Jahr gedauert, bis wir alle Stakeholder von der Relevanz und den Vorteilen des AFFO überzeugt hatten. Diese Erfahrung hat mir gezeigt, wie entscheidend es ist, strategische Klarheit mit kontinuierlicher Überzeugungsarbeit zu verbinden.
LEG verfolgt den Ansatz, Wirtschaftlichkeit, Kundenzufriedenheit und Nachhaltigkeit zu verbinden. Wie gelingt es Ihnen, diese drei Dimensionen in der täglichen Praxis auszubalancieren?
Die Balance zwischen Wirtschaftlichkeit, sozialer Verantwortung und ökologischer Nachhaltigkeit ist anspruchsvoll – gerade unter den aktuellen politischen Rahmenbedingungen. Staatliche Eingriffe wie die ausgeweitete Mietpreisbremse in NRW, Kappungsgrenzen oder neue EU-Vorgaben wie die EU-Gebäuderichtlinie EPBD stellen uns vor komplexe Herausforderungen.
Dennoch gelingt es uns, diesen Dreiklang erfolgreich zu leben: Wir wirtschaften solide, legen regelmäßig überzeugende Zahlen vor und bieten unseren Aktionären attraktive Dividenden. Gleichzeitig vermieten wir weiterhin bezahlbaren Wohnraum – im Schnitt unter 7 Euro pro Quadratmeter – und kommen auf unserem Dekarbonisierungspfad gut voran. Unser Anspruch ist es, nicht nur gesetzliche Vorgaben zu erfüllen, sondern aktiv Verantwortung zu übernehmen. Für unsere Mieterinnen und Mieter, unsere Investoren und die Umwelt.
Mit Beteiligungen an Start-ups wie RENOWATE oder dekarbo setzen Sie stark auf Innovation. Welche Erfahrung aus diesem Prozess hat Sie am meisten überrascht?
Die Gründung und Entwicklung unserer Green Ventures RENOWATE, dekarbo und termios war für uns ein strategischer Meilenstein. Besonders überrascht hat mich, wie wertvoll es ist, diese Unternehmen bewusst außerhalb des Konzerns als eigenständige Einheiten zu etablieren. Viele Wettbewerber integrieren solche Initiativen direkt ins Kerngeschäft. Wir haben uns bewusst dagegen entschieden.
Der Grund: Innovation braucht Freiraum. Die Start-up-Mentalität, die agilen Prozesse und die kreative Energie lassen sich nicht nebenbei im klassischen Konzernbetrieb managen. Zwar ist die Steuerung externer Joint Ventures komplexer, aber sie ermöglicht genau die Dynamik, die für echte Transformation notwendig ist. Diese Erkenntnis hat mich in ihrer Tiefe überrascht und sie bestätigt uns in unserem Weg.

In herausfordernden Zeiten haben Sie unter anderem mit der „Stiftung – Dein Zuhause hilft“ Mieterinnen und Mieter unterstützt. Welche Erfahrungen haben Sie dabei gemacht, die auch für andere Unternehmen in der Branche lehrreich sein könnten?
Unsere Erfahrungen mit der „Stiftung – Dein Zuhause hilft“ zeigen: Soziale Verantwortung funktioniert am besten in Partnerschaft mit Experten, z.B. erfahrene karitativen Einrichtungen. Bereits seit 2008 engagieren wir uns mit der LEG NRW Mieter-Stiftung. Unsere jüngere Stiftung baut auf diesem Fundament auf und erweitert es gezielt.
Wir sehen uns nicht als Problemlöser im sozialen Bereich, sondern als Brückenbauer. Unsere Sozialmanager, die sogenannten Lotsen, identifizieren Herausforderungen in den Quartieren und vermitteln die Betroffenen an professionelle Organisationen. Ob Lernförderung für Kinder oder Hilfe bei Suchtthemen: Die Unterstützung erfolgt durch Partner mit der nötigen Expertise. Für andere Unternehmen kann das ein Modell sein, denn echte Hilfe entsteht dort, wo Kompetenzen gebündelt und gezielt eingesetzt werden.
Abschließend: Welche politische Maßnahme wäre aus Ihrer Sicht entscheidend, um bezahlbaren und nachhaltigen Wohnraum in Deutschland langfristig zu sichern?
Kurz und klar: Weniger Staat, mehr Markt. Wir brauchen den Mut, dem Preis wieder seine Steuerungsfunktion in der sozialen Marktwirtschaft zuzugestehen. Das bedeutet, Vertrauen in marktwirtschaftliche Mechanismen zu haben und erst darauf aufbauend sozialpolitisch zu gestalten.
Wenn wir zuerst auf planwirtschaftliche Eingriffe setzen und dann versuchen, deren Folgen zu korrigieren, verlieren wir Effizienz und Innovationskraft. Die Geschichte zeigt: Die Bundesrepublik war nicht deshalb erfolgreich, weil sie reguliert hat, sondern weil sie auf marktwirtschaftliche Prinzipien vertraut hat. Diesen Mut brauchen wir heute mehr denn je.
Vielen Dank für das Gespräch.